Raygras-Heulage vom Acker – ein Kompromiss?

Vorteile der Gras-Heulage vom Acker

Wegen der botanischen Artenvielfalt und der größeren Schmackhaftigkeit (sowie günstigeren Vitamin- und Mineralstoffgehalten) eignet sich für Pferde im Grundsatz eigentlich in erster Linie Heulage (und auch Heu) von schwach gedüngten Wiesen und Weiden mit artenreicher Vegetation. Auf Äckern hingegen wird in landwirtschaftlicher Monokultur Feldgras angebaut. Meist handelt es sich um ausgesprochenes Hochleistungsgras (verschiedene Weidelgrassorten/Engl. Raygras), das durch Massenwachstum sowie relativ hohe Eiweiß- und Energiedichte beeindruckt und primär für Rinder angebaut wird. Zunehmend findet heute Heulage aus Raygras aber auch im Pferdebereich erfolgreich Verwendung. Zwar sind Artenvielfalt und Wirkstoffzusammensetzung bei Raygras-Produkten nicht so optimal, doch bietet Raygrasheulage (aus nicht zu stark gedüngtem Schnittgut sowie spät in der Blüte gemäht mit hohem Rohfaseranteil) andererseits auch entscheidende Vorteile für die Pferdefütterung, weil

Hinzu kommt, dass die handelsüblich angebotene Heulage für den "Otto-Normal-Pferdehalter" in den praktischen Mini-Ballen aus produktionstechnischen Motiven und Qualitätsgründen eben nur aus Raygras besteht. Wiesen- oder Weide-Heulage ist leider in der Regel nicht in Mini-Ballen, sondern nur bei Landwirten in - für kleine Bestände sehr unzweckmäßigen, schnell verderbenden - Großballen zu bekommen. Das muss einfach akzeptiert werden, wobei man hoffen kann, dass auch irgendwann Mini-Ballen mit Wiesen-/Weiden-Heulage angeboten werden (der Preis wird für dieses Produkt dann aber vermutlich 30 % über der Raygrasware liegen).

Fazit: Generelle Vorteile der Heulage gegenüber Heu

Im Vergleich zu Heu hat Silage folgende Vorteile:

· schnelle Ernteabwicklung innerhalb von zwei Tagen gegenüber wenigstens vier bis sechs Tagen bei der Heuernte, · verringertes Witterungsrisiko, da zwei Tage trockenes Wetter in allen Klimagebieten eher wahrscheinlich sind als die zur Heuernte notwendigen vier bis sechs Tage, · geringere Nährstoffverluste (wenig Bröckel- und Auswaschungsverluste, verringerte Oxydation löslicher Kohlenhydrate), · oft um 10 bis 20 % höherer Energiegehalt in der TS, dadurch Zusatzfutterersparnis (= weniger Kraftfutter).

Allerdings setzt die Nutzung dieser Vorteile voraus, dass

· bereits bei der Ernte handwerklich und hygienisch einwandfrei gearbeitet und zügig agiert wird (z. B. schnelles Einwickeln nach dem Pressen) sowie
· Lagerung und Entnahme so gestaltet werden, dass Folienbeschädigungen, Fehl- und Nachgärungen sowie Ungezieferbefall und -verunreinigungen vermieden werden. Erntefehler sind nicht korrigierbar und können das Futter für die Pferdefütterung total unbrauchbar machen. Unbrauchbare Silage gehört – ohne Umweg über den Pferdemagen – auf den Kompost, wo sie später dann als Humusdünger noch gute Dienste leistet!

Produkt "Heulage-Mini-Ballen Marksway HorseHage ®"

Großballen, die bei kleinen Pferdebeständen nur zögernd und damit qualitätsverschlechternd aufgebraucht werden können, neigen zu Nachgärungen bei Luftzutritt. Um das auszuschließen, bietet der Handel inzwischen auch folienverpackte Heulage in Gebinden von 20 bis 50 kg an. Gebinde sind unbedingt vor Beschädigung (z. B. durch Nager) zu schützen und können (wie die Hersteller werbend schreiben) im Freien gelagert werden. Besser ist allerdings, nach Möglichkeit für eine schattige Lagerung unter Dach zu sorgen, um u. U. qualitätsmindernde Aufblähungen durch Sonneneinstrahlung zu verhindern.

· Einer der Anbieter für handliche "Mini-Ballen", die auch problemlos von nicht besonders muskulösen Pferdehalterinnen bewältigt werden können, ist der renommierte britische Pferdefutterhersteller Mark Westaway & Son (Devon/GB), der auch als königlicher Hoflieferant für sich wirbt ("BY APPOINTMENT TO HER MAJESTY THE QUEEN"). Die deutsche Vertretung HorseHage Deutschland in 53913 Swisttal-Heimerzheim, Tel.: 02254/82919, Fax: 82721 (Internetadresse: www.horsehage.de) lieferte probeweise einige Mini-Ballen HorseHage (in Deutschland produziert, nicht aus Großbritannien importiert) zum Test durch den Verfasser.

Beschreibung und Ergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt; die Sinnenprüfung wurde nach dem bewährten Punkteschema des Verfassers vorgenommen (siehe hierzu Abbildung/Diagramm 3).

· Fazit: Das Produkt HorseHage ist auf Grund guter Pressung, gut schützender Verpackung sowie erkennbar sauberer Produktions- und Erntevorgänge und der pferdegeeigneten Konsistenz des Schnittgutes sowie des einwandfreien Gärzustandes qualitativ überdurchschnittlich.

Infokasten/Tabelle 1: Mini-Ballen-Heulage MARKSWAY HorseHage ® (produziert in Deutschland!)

Kriterium

Beschreibung

Bewertung/Anmerkungen

Verpackung

Außenhülle: undurchsichtige, weiße Tütenverpackung (ähnlich den üblichen Mineraldüngersäcken); Innenhülle: durchsichtige Folienumwicklung des Silageballens, der nochmals mit zwei Kunststoffbindfäden zusammengehalten wird

Gut, da reißfest, transport- und lagersicher sowie mit ausreichenden Hinweisen zur Lagerung und Verwendung des Futters versehen

Pressung

fachgerecht sehr stark verdichtet, Futter muss vor Verfütterung manuell aufgelockert werden

Sehr gut, da nur bei starker Verdichtung genügend silierfähiger Saft austritt

Ausgangsmaterial

Hochleistungsgras (Raygras/Weidelgras), langhalmig, aus konventionellem Ackeranbau; etwa in der Mitte der Blütezeit geschnitten, deshalb mit genügend Rohfasergehalt für Pferde

Gut für Leistungspferde, da energie-nährstoffreich und insbesondere die Langhalmigkeit des hier verarbeiteten Gras-Materials für Pferde eine relativ lange Kauzeit und insgesamt idealen Kauanreiz bietet, was physiologisch gesehen sehr wünschenswert ist (= besserer Kauanreiz als z. B. durch starkes Wenden "zerhäckseltes" Kurzheu)

Geruch

Aromatisch-frisch, buttersäurefrei, angenehm säuerlich und brotartig, kein Fremdgeruch

Gut, 10 Punkte

Struktur/Verschmutzung

Stängel lang und Blattwerk griffig, keinerlei Fremdkörper oder Dreck sicht- oder tastbar, ausgeprägte Blütenanteile

Gut, 10 Punkte

Farbe

Hellgrün bis beige

Befriedigend, 8 Punkte (möglicherweise Anwelkprozess ausschließlich bei starker Sonneneinstrahlung mit dadurch bedingtem Ausbleicheffekt)

Gewicht

Mit Zugfederwaage gemessen: 20,5 kg bis 21,5 kg

Im Vertriebsprospekt wird ein Gewicht von "ca. 22 kg" angegeben; die Abweichungen betrugen rund 2 % bis 6,5 % und sind für ein Naturprodukt tolerabel

Trockensubstanzgehalt

über 55 %

Gut, da auch als alleiniges Grundfutter für Leistungspferde einsetzbar; bei genügsamen Nordpferden (Shetland, Isländer, Fjord, Haflinger u. Ä.) empfiehlt es sich, zur Nährstoffreduzierung der Gesamtration Stroh beizufüttern

Energie

(DE je kg TS)

9 MJ

Gut, da im ungefähren Bereich der Werte für Heu, weshalb bei diesem speziellen Produkt der energetische Heuersatzwert bei fast 1:1 liegt (= 1 kg Heu kann durch ungefähr 1,2 kg Heulage ersetzt werden)

Rohprotein

(DP je kg TS)

90 g

Hoher DP-Gehalt ist typisch für Heulage im Vergleich zu Heu (Heu = ca. 60 g je kg TS)

Ca:P-Verhältnis und Mineralstoff-/Vitaminausgleich

Ca:P = 1,5:1

Gut, da im normalen Bereich; je nach leistungsbezogener Futterrations-Zusammensetzung sollten täglich für ein mittelgroßes Pferd noch ca. 50 g bis 70 g eines handelsüblichen Mineral-Vitamin-Gemisches zugefüttert werden (plus evtl. Natrium in Form von Viehsalz bei Bedarf, z. B. nach starkem Schwitzen bei der Arbeit). Der Mineralstoff-/Vitaminausgleich ist auch bei ausschließlicher Fütterung von Heu in Durchschnittsqualität immer erforderlich, also nicht nur bei Silagefütterung

Liefermenge

ab 1 Palette mit 42 Mini-Ballen frei Haus

ca. 840 kg für rd. 400 € (attraktive Preisreduktion wird bei Bezug von mehreren Paletten eingeräumt)

Preis in €

9,70 bis 7,25 incl. 7 % Mwst. je Mini-Ballen

Durchschnittspreis von 8,50 €: qualitäts- und z. Zt. wettbewerbsentsprechend für vergleichbar gute Heulage; zu berücksichtigen ist der ganz erheblich höhere Herstellungs- und Verpackungsaufwand für Mini-Ballen im Vergleich zur landwirtschaftlichen Großballenproduktion

Vergleich zu Heu

 

Qualitativ wirklich einwandfreies Feldheu ohne großen Staubanteil ist selten zu bekommen, es kostet – bezogen auf das Gewicht des Silage-Mini-Ballens – 10 bis 20 % weniger; bestes Wiesenheu, das streng genommen für die Pferdefütterung vorzuziehen wäre, stammt meist aus Höhenlagen (z. B. Schwarzwald) und liegt preislich einschl. der Transportkosten ungefähr im Bereich der Mini-Ballen-Heulage. Der Vorteil eines solchen raren Heus (wenn man es denn überhaupt bekommt) liegt in der geschmacklich besseren sowie mineral- und vitalstoffreicheren Artenvielfalt des Ausgangsmaterials. Handling und Verfütterung sowie Lagerung und nährstoffstabile Lagerzeit sind hingegen bei der Heulage besser einzuschätzen; das beim Heu z. B. erforderliche viel stärkere Aufschütteln bewirkt Bröckelverluste bei blättrigen Kräutern; beim Vergleich von Heu zu Silage enthält Silage u. a. mehr Vitamin A (Karotin), aber Heu mehr Vitamin D

Infokasten/Tabelle 2: Begriffe und Zusammenhänge

Silageherstellung

Gärungsverfahren, bei dem sich die am angewelkten Grünfutter haftenden Milchsäurebakterien unter Luftanschluss (= anaerob) in Kohlendioxid-(= CO2-) Atmosphäre vermehren und das Futter einsäuern (= konservieren).

Konservierung

Erhöhung der Säurekonzentration = Absinken des pH-Wertes unter 4 = etwa 2 % Milchsäure in der Silage.

Wirkung der Einsäuerung

Hemmung der Fermentsysteme schädlicher Mikroorganismen, die zur Vermehrung eine teils neutrale bis alkalische Reaktion (= höherer pH-Wert) und Sauerstoff benötigen (= aerobe Bedingungen).

Mangelgärungen

Gärfähigkeit nimmt ab bei hohem Proteingehalt (= sehr junges und stark gedüngtes Grünfutter) oder hohem Rohfasergehalt (= überständiges, verholztes Grünfutter).

Fehlgärungen

Verschmutzungen durch Erde oder angefaultes Grünfutter und Luftzutritt führen zur Vermehrung von Fäulnisbakterien und Schimmelpilzen sowie zur übermäßigen Entwicklung von Essigsäurebakterien (0,3 % akzeptabel) und absolut qualitätsmindernder Aktivität von Buttersäurebakterien mit Buttersäurebildung.

Zusammensetzung

Beispiel für Heulage (auch Gärheu genannt) mit 44 % Trockensubstanz (TS): 56 % Rohwasser, 5 % Rohasche (z. B. Sand, Mengen- und Spurenelemente), 6 % Rohprotein (z. B. Reineiweiß), 18 % N-freie Extraktstoffe (z. B. Zucker, Stärke), 2 % Rohfett (z. B. Triglyceride, ätherische Öle), 13 % Rohfaser (z. B. Cellulose); ungefähr 2 kg Frischsubstanz (= Originalfutter) dieser Heulage ersetzen 1 kg Heu.

Qualitätsprüfung

Mindestens Sinnenprüfung vornehmen.

Energiedurchschnittswerte

Energie (DE) je kg Frischsubstanz (FS) = Originalfutter: ca. 4 MJ; je kg Trockensubstanz (TS) = das Originalfutter minus Rohwasser: ca. 7 MJ (im Vergleich dazu hat Heu je kg FS ca. 8 MJ und je kg TS ca. 9,3 MJ Energie); Werte für das im Einzelfall verwendete Futter können durch Futteranalysen ermittelt werden (Proben nehmen Raiffeisen-Genossenschaften entgegen; Kosten zwischen 20 bis 150 €)

Fütterung

Faustzahl: Durchschnittlich 1,5 bis 2 kg Grünfuttersilage mit einem TS-Gehalt von mehr als 35 % ersetzen als Grundfutter 1 kg Heu; je höher der TS-Gehalt der Silage und je hochwertiger das Ausgangsmaterial Gras (z. B. Weidel-/Raygras), desto mehr nähert sich der sog. Heuersatzwert dem Verhältnis 1:1. Bei max. trockener Heulage (TS-Gehalt ca. 70 bis 80 %) ist der Wassergehalt immer noch höher als bei Heu mit 85 bis 86 %, es sind dann durchweg 1,2 kg Silage als Ersatz für 1 kg Heu zu füttern. Silage ist proteinhaltiger als Heu: Silage-PEQ etwa 9:1, Heu-PEQ etwa 7:1 (PEQ = Abkürzung für "Protein zu Energie-Verhältnis").

· Ideal - nach den Beispielfütterungen des Verfassers - ist die tägliche Fütterung von 0,5 kg sauberem Futterstroh plus 1 kg Heulage je 100 kg Gewicht (LM) des Pferdes als Ersatz für Heu (plus Kraftfutter nach Leistung); alles verteilt auf mindestens drei Mahlzeiten. Steht als Einstreu kein Stroh zur Verfügung, sondern wird z. B. mit Spänen eingestreut, muss generell eine dadurch bedingte überlange nächtliche Futterkarenz vermieden werden durch sehr späte Abendfütterung und zeitige Morgenfütterung. Als Futterkarenz sind sechs bis max. acht Stunden tolerabel, ansonsten sterben u. a. Dickdarmbakterien ab: Es können Durchfälle folgen und auf Dauer weitere Magen-/Darmprobleme.

Aufgrund der Vorteile, verbunden mit wichtiger Aufklärung über die hohen Ansprüche des Pferdes an die Qualität dieses Grundfutters, werden Fütterung von Silage und der Absatz von praktischen "Mini-Ballen" weiter zunehmen und das traditionell übliche Heu noch stärker verdrängen. Zu erwarten ist, dass aufgrund höherer Stückzahlen "Mini-Ballen" von Herstellern und vom Handel zunehmend preisgünstiger angeboten werden können.

Buchtipp:

Umfassendes Wissen zur Pferdefütterung mit vielen anschaulichen Tabellen, Fotos und Grafiken enthält das "Praxishandbuch Pferdefütterung" von Ingolf Bender, 352 S., erschienen im Kosmos-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-06904-4.